Lob der Digitalfotografie

December 28, 2012  •  7 Kommentare

Seit längerer Zeit schon beobachte ich den "Analoghype" in der Fotografie. Aktuell angeregt durch zwei Blogbeiträge von Ronny Warum analoge Fotografie im digitalen Zeitalter? und Monika Andrea Ich hasse übrigens den Begriff Entschleunigung … fühle ich mich bemüßigt, meinen Senf zum Thema beizutragen.

Die meisten meiner Fotos sind analog entstanden, was schlicht und einfach mit meinem Alter zu tun hat. Digital fotografiere ich seit 2007. In diesem Jahr habe ich mir eine Digitalkamera gekauft. Warum? Um mir die Arbeit zu erleichtern und die Möglichkeiten der Bildbearbeitung zu erweitern. Da ich meine alten Objektive weiter benutzen und mich bei der Bedienung der Kamera nicht umstellen wollte, entschied ich mich für eine Leica M8, nachdem ich viele Jahre mit einer Leica M6 fotografiert hatte.

Die Umstellung war für mich eine Offenbarung. Die neuen Möglichkeiten machten mich einfach nur glücklich. Schon alleine die Tatsache, nicht mehr einen Film lang auf eine bestimmte Empfindlichkeit festgelegt zu sein, war großartig. Die M6 habe ich noch ein paar Jahre behalten, aber kaum noch benutzt und nachdem ich einen Großteil meiner Dias und Filme gescannt hatte, war das analoge Kapitel für mich abgeschlossen. Mich fasziniert die digitale und nicht die analoge Fotografie.

Der "analoge Look" in der Fotografie hat mich schon zu Analogzeiten nicht fasziniert. Mein Lieblingsfilm war der Kodachrome 25, weil er so gut wie kein Korn aufwies und rasiermesserscharf war. Natürlich gibt es immer wieder Moden aber derzeit habe ich den Eindruck, dass viele Amateurfotografen der Meinung sind, ein Foto ist nur gut, wenn es viel Korn und Vignette besitzt und – falls es schon kein Schwarzweissfoto ist – zumindest die Farben "ausgewaschen" sind.

Was macht die Faszination der Analogfotografie aus?

Ich kann mir vorstellen, dass es für junge Leute, die mit der Digitalfotografie aufgewachsen sind, faszinierend ist, den analogen Prozess kennenzulernen. Sicherlich hat es auch etwas mit Technikbegeisterung zu tun, denn in meinen Augen ist der Unterschied analog – digital in erster Linie ein technischer.

Was ich allerdings schon immer merkwürdig fand, ist die hybride Arbeitsweise. Warum man ein analoges Foto mit einem in der Regel preisgünstigen und daher technisch unzulänglichen Scanner digitalisiert um es anschließend digital zu bearbeiten und digital zu veröffentlichen, wenn man die Möglichkeit hat, es gleich digital aufzunehmen, hat sich mir bisher nicht erschlossen. Diese Vorgehensweise kommt mir vor, als würde ich einen Text mit der Schreibmaschine tippen, einscannen und mittels OCR-Software wieder editierbar machen, damit ich die Tippfehler digital korrigieren kann.

Ich persönlich möchte jedenfalls die Möglichkeiten der digitalen Fotografie und Bildbearbeitung nicht mehr missen. Aber wer weiß … vielleicht kaufe ich mir irgendwann ja wieder mal einen analogen Fotoapparat und Filme?


Kommentare

Isa(nicht registriert)
Nun hat der Beitrag ein paar Jährchen auf dem Buckel, an Aktualität hat er aber nicht verloren.
Ich gehöre zu der Gruppe, die digital aufwuchs, oder viel mehr, die erst in der Digitalära zur Fotografie fand. Woran ich mich noch erinnere sind APS Filme, aber damals hatte man andere Interessen.

Fotografieren gelernt habe ich digital und kam, wie du geschrieben hast, durch Neugier auf die analoge Schiene. Es war also ein Unfall.

Irgendwann kam der Punkt, an dem ich feststellte, dass mein Hobby nicht das abliefern von Resultaten ist, dass auf der Festplatte tausende Bilder lagern, die ich mir nie wieder ansehe. Was an dem Hobby eigentlich Spaß macht, ist das Fotografieren selbst. Mit der Kamera raus zu gehen, Motive zu suchen und abzudrücken.

Ich beschäftige mich jetzt analog eher mit dem Licht und dem Motiv, statt der richtigen Kameraeinstellungen und dem Batteriestand. Eine richtige, schwere (Mitelformat) Kamera aus Metall, Zahnrädern, Stoffverschluss und Chemie in den Händen zu halten hat einen Charme, den das digitale Plastikspielzeug nicht hat.
Digital musste früher immer alles perfekt sein, immer zu hundert Prozent das abbilden, was vor der Linse war. Und wenn das nicht klappte, dann stellte sich schnell Frust ein.
Heute, gehe ich mit der Mamiya spazieren oder habe eine kleine KB dabei. Manchmal finden wir was interessantes, manchmal nicht. Das Ergebnis am Ende des Tages ist dann eigentlich schon wieder Nebensache.
Kai(nicht registriert)
ich sehe es ähnlich wie von dir oben beschrieben: toll, dass es die digitale Fotografie gibt. Ich kann mich noch gut an die analogen Zeit erinnern: teuere Filme, teuere Abzüge, stark unterschiedliche Ergebnisse, wenn man ein Bild vom Film nachbestellt hat, wenig Möglichkeiten bzw. viel Aufwand zur Archivierung und "Wiederfindung" bestimmter Bilder.

Nicht verwechseln darf man digitale Fotografie mit "geringem Anspruch". Ich bin fest davon überzeugt, dass man auch in der digitalen Fotografie viel Zeit in ein Foto investieren muss, wenn es wirklich gut werden soll. Die Qualität eines Fotos wird auch nicht bessern, wenn man viele ähnliche Fotos hat.
Moni(nicht registriert)
--- Ich kann mir vorstellen, dass es für junge Leute, die mit der Digitalfotografie aufgewachsen sind, faszinierend ist, den analogen Prozess kennenzulernen. Sicherlich hat es auch etwas mit Technikbegeisterung zu tun, denn in meinen Augen ist der Unterschied analog – digital in erster Linie ein technischer. ---

Das klingt, als ob es hauptsächlich junge Leute wären, die sich der analogen Fotografie zuwenden. Weil es etwas Neues (Altes) ist, das sie noch nicht kennen. Die gibt es sicherlich - die Motive dafür habe ich in Workshops allerdings als extrem vielfältig kennengelernt.

Du verkennst aber, dass es auch Leute gibt, die Fotografie analog gelernt haben und die nach einigen Jahren rein digitalen Arbeitens bewusst zur Fotografie auf Film zurück kommen. Zu diesen Leuten gehöre ich. So ganz jung, bin ich mit 41 also nicht mehr ;-) . Während der Zeit als ich ausschließlich digital fotografiert habe, waren meine Argumente FÜR den digitalen Prozess übrigens Deinen/Euren ziemlich gleich. Ich dachte - trotz meiner analogen "Vergangenheit" - und unzähligen Dunkelkammer-Sessions, dass man digital alles Analoge nachstellen kann. Weiter daneben hätte ich liegen können.

Nachdem ich jahrelang nur mit immer denselben Filmen und Entwicklern und meist im Nennempfindlichkeits-Bereich gearbeitet habe, weiß ich erst seit einer neuen und intensiveren Beschäftigung mit dem Thema, wie viel "Bildbearbeitung" man bereits in der Entwicklung der Negative erledigen kann. D.h., nach der Digitalisierung beginnt man mit der Bildbearbeitung nicht - wie im RAW - bei Null. Man hat bereits eine deutliche Charakteristik erzeugt, die sich in vielen Fällen _nicht_ digital nachstellen lässt.

BTW: wenn wir über das Digitalisieren von Mittel- und Großformatbildern sprechen, so geht das in der Tat schon mit recht wenig Geld in ausreichend guter Qualität. Mit dem V700 von Epson hole ich aus einem Mittelformat Minimum 50 MP (mehr ist problemlos möglich) und bei einem 4x5 Zoll Negativ muss ich mich schon zügeln, nicht dem Pixelwahn zu verfallen. ;-)
donpaolo
Hallo Christian,
vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar. Du hast Recht. Ich habe bei der Benutzung von Digitalkameras bestimmte "analoge" Eigenschaften beibehalten, z. B. Sparsamkeit bezüglich der Anzahl der geschossenen Bilder oder die Benutzung manueller Kameraeinstellungen.
Herzliche Grüße
Paul
Christian(nicht registriert)
Deine Gedanken gefallen mir!
Ich denke ich bin genau das Gegenbeispiel zu dir. Bei mir fing's mit der digitalen Fotografie an und mittlerweile arbeite ich fast nur noch analog. Du sprachst begeistert von den Vorteilen der digitalen Fotografie. Und diese Vorteile kann ich durchaus nachempfinden. Jedoch kommt es glaube ich wirklich darauf an "wie" man angefangen hat. Wenn man digital anfängt, ist man das ganze vorteilhafte von Haus aus gewöhnt.
Ich weiß nicht, mir waren das mit der Zeit einfach zu viele Möglichkeiten (z.B. ein schlechtes Bild zu retten). Meine Art des Fotografierens war irgendwie hektisch und ja irgendwie auch "leer". Damit ist gemeint, dass ich mir selten überhaupt Gedanken über Kameraeinstellungen gemacht habe. Man hatte mit der Zeit einfach so gewisse "Licht - Kameraeinstellung" Paare im Blut. Das Highlight wurde dann später am Computer reinretuschiert.
Diese Art langweilte mich irgendwann. Und ich denke das ist das schlimmste was einem bei seinem Hobby passieren kann!
Glücklicherweise lernte ich zur gleichen Zeit einige großartige Analogfotografen kennen. Und die Kamera meines Opas hatte ich ja auch noch. So fing ich an, so wurde ich süchtig.
Mich reizt es einfach unheimlich mich mit der ganzen Technik oder Naturwissenschaft in der Fotografie auseinander zu setzen. Alles nur um später wirklich zum großen Teil für das Ergebnis verantwortlich zu sein. Oder um dieses oben angesprochene Highlight während der Aufnahme ins Negativ zu brennen. Das sind Dinge die mich beim analogen fotografieren antreiben. Deswegen ist diese Art der Fotografie im Moment so meins.
Du hast den entscheidenden Vorteil, dass Du die Fotografie so kennen gelernt hast. Du weißt wie man Highlights (ja ich hab's mit diesem Wort :-b) während der Aufnahme ins Bild bekommt. So hat die digitale Fotografie wirklich nur Vorteile für dich. Auf so Sachen wie hohe Bildqualität, Natürlichkeit oder Wärme von analogen Fotos möchte ich gar nicht eingehen. Ich denke sowieso, dass das nur ein gerne verteilter Mythos ist (digital kann auch viel).
Doch vielleicht noch zur Digitalisierung oder zur hybriden Bearbeitung hinterher. Ich verstehe so was auch nicht so wirklich. Zum einen wenn man mit dem Argument des besseren Aufnahmevermögens des Films (bezogen auf Bildqualität, Natürlichkeit oder Wärme) ankommen möchte, dann kann man aus dem angeblich so tollen Film doch kein JPG machen. Dann hätte man gleich digital fotografieren können. Und zum anderen widerspricht das nachträgliche Bearbeiten meiner oben beschriebenen Begeisterung für's Analoge. Bin froh mittlerweile nicht mehr stundenlang vor Photoshop zu sitzen.
Aber wie auch immer, im Prinzip ist es ja egal wie man fotografiert. Es kommt (wenigstens im Hobbybereich) ja immer nur drauf an, was dem Fotografen am Besten passt. Und das ändert sich mit der Zeit - jedenfalls war es bei mir so ;-)

Der Vergleich mit der Schreibmaschine war übrigens echt gelungen. Schmunzeln musste ich!

...wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!
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